In einem Land, wie Nepal, in dem die meisten Menschen von unter 1000 US$ jährlich leben und das stark vom Tourismus abhängt, sind
die Folgen der Corona-Pandemie schwerwiegend.
Bisher konnte mit einer strikten Ausgangssperre ein großer Ausbruch des Virus´ verhindert werden. Die Infektionszahl liegt bei 57 und es gibt keine Verstorbenen zu verzeichnen. Allerdings wird
viel zu wenig und mit unzuverlässigen Rapid-Tests aus China getestet, dessen Fehlerquote umstritten ist. Es stehen Nepal bisher nur 75 000 Tests zur Verfügung, 100 000 Weitere wurden bereits
bestellt.
Die seit 24. März geltende Ausgangssperre hat unterschiedliche Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Nepalesen in den Städten und in den Dörfern.
In Kathmandu dürfen die Menschen nur zweimal täglich essenzielle Lebensmittel im nächstgelegenen Laden einkaufen, was durch eine hohe Polizeipräsenz auch rigoros überwacht wird. Die Straßen sind
leer und somit die Not der Menschen nicht direkt sichtbar. Behörden und NGOs verteilen zwar Essensrationen und Wassertanks, allerdings erreichen die Hilfsmaßnahmen längst nicht alle bedürftigen
Familien. Ohne jegliche Ersparnisse haben viele Menschen mehr Angst an Hunger zu sterben als vor Corona. Zugang zu medizinischer Versorgung scheint für die Ärmsten sowieso hoffnungslos. Schon vor
der Coronakrise war der Zugang zu sauberem Trinkwasser ein sehr dringliches Problem vieler mittelloser Familien. Die Ungleichverteilung, je nach Einkommensschicht, verstärkt sich jetzt noch mehr,
wobei Wasser kein Luxusgut sein darf, in Angesicht dessen, dass es dringend notwendig ist, um das Händewaschen als eine der wichtigsten Präventivmaßnahmen einhalten zu können. In Kathmandu leben
20 000 Einwohner pro Quadratkilometer (im Vgl. Hamburg: 2438EW/km²) und viele Großfamilien leben unter einem Dach. Die Isolation älterer Familienmitglieder gestaltet sich schwierig, wenn auch einige Hotels
Zimmer zur Quarantäne bereitgestellt haben.
Unterdessen setzen die Dörfler in den Bergen Nepals ihre Feldarbeit fort. Der Austausch untereinander ist den Bergdörfern strikt untersagt. Tagelöhner, die wegen mangelnden
Versorgungsmöglichkeiten in Kathmandu nach teilweise wochenlangen Fußmärschen zurück in ihren angestammten Heimatdörfer ankommen, müssen sich dort zwei Wochen in Quarantänestationen, meist werden
geschlossene Schulen außerhalb der Dörfer dazu verwendet, aufhalten. An wichtigen Knotenpunkten stellen die Behörden durch Überwachung sicher, dass sich das Virus nicht ausbreiten kann. Es gibt
keine bis wenig Möglichkeiten Zugang zu Informationen aus sozialen Medien, Fernseher oder Radio zu bekommen, viele Dorfbewohner können weder lesen noch schreiben und sind sowieso schon oft am
Limit ihrer Arbeitskapazitäten durch die schwere Feldarbeit. Wichtig sind daher die vielerorts angebrachten Bildplakate mit Aufklärung über die Symptome der Viruserkrankung, Verhalten bei
konkretem Verdacht einer Ansteckung sowie den wichtigen Hygienemaßnahmen.
Es ist schwer abzusehen, wie sich die Lage in Nepal entwickeln wird, ob die Pandemie eingedämmt werden kann. Das Virus ist im Land und die einzige langfristige Hoffnung ist ein Impfstoff.
Hoffnung gibt auch, dass nur 10 Prozent der nepalesischen Bevölkerung über 60 Jahre alt ist.
Traurige Tatsache ist, dass das Gesundheitssystem Nepals in keiner Weise auf einen Massenausbruch vorbereitet ist. Es mangelt an Allem: an Fachpersonal, an intensiv-medizinischer Ausrüstung - im
ganzen Land stehen 400 Beatmungsgeräte zur Verfügung -, an Schutzkleidung für das Krankenhauspersonal und zuverlässigen, landesweiten Tests.
Die Grenzen zu den beiden großen Nachbarländern Indien und China sind geschlossen, selbst die vielen nepalesischen Gastarbeiter, allein 400 000 auf der arabischen Halbinsel, in Malaysia und
Südkorea können nicht zurückkehren und sitzen ohne Arbeit und ohne Rechte in den Ländern fest.
Fast 70 Prozent aller Nepalesen arbeiten in der Landwirtschaft und haben seit der Ausgangssperre keinen Verdienst. 80 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind Exportgüter. Die
Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, sodass aufgrund fehlender Feldarbeiter der reife Weizen auf den Äckern verdorrt. Geflügelbauern mussten ihre Hühner bereits wegen mangelnden Futtermittel und
fehlender Möglichkeit des Verkaufs notschlachten, Milchbauern können ihre Milch nur noch selbst verwenden und Viehbesitzer dürfen nicht zu den von den Häusern zu weit entfernten Weiden, sodass
auch ihnen eine Notschlachtung droht, sollte der Lockdown noch einmal verlängert werden. Indien hat selbst Ernteschwierigkeiten und setzt sämtliche Reis- Obst- und Gemüselieferungen nach Nepal
aus. Ab Ende Mai beginnt in Nepal die Monsunzeit, was sich eventuell positiv auf die Versorgungslage des Landes auswirken kann. Die Lebensmittelpreise in den Städten haben sich bereits
verdoppelt.
Lasst uns Nepal nicht vergessen.
Alle Informationen zum Freundeskreis Nepalhilfe e.V. findet ihr unter:
www.nepalhilfe.de
Kommentar schreiben